Digitalisierung von Betriebsanleitungen gemäß EU-Maschinenverordnung 2023/1230 – Praxisleitfaden für den Maschinen- und Anlagenbau

Dieser Leitfaden zeigt international tätigen, mittelständischen Maschinen- und Anlagenherstellern, wie sie Schritt für Schritt von der klassischen Papier-Version zur digitalen Bereitstellung von Betriebsanleitungen wechseln. Dabei werden alle Anforderungen der neuen EU-Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 sowie der aktualisierten Leitlinien zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (Stand April 2024) berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze

Die EU-Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 erlaubt erstmals die digitale Bereitstellung von Betriebsanleitungen. Verbindlich wird sie am 20. Januar 2027, eine freiwillige Anwendung ist bereits heute möglich.

Digitale Anleitungen müssen dauerhaft online verfügbar und ausdruckbar sein, Sicherheitsinfos für Laien weiterhin in Papierform beiliegen und auf Wunsch innerhalb eines Monats kostenlos nachgeliefert werden.

Schnellere Updates, reduzierte Druck- und Logistikkosten sowie höhere Nutzerzufriedenheit – insbesondere im B2B-Umfeld.

Von der Analyse der Rechtsanforderungen über die Bestandsaufnahme und Formatwahl (PDF, HTML5, App) bis zur Implementierung, Schulung und kontinuierlichen Pflege.

Kombinieren Sie QR-Codes, Online-Portale und Multichannel-Strategien, um rechtliche Vorgaben einzuhalten und Ihre Kunden optimal zu erreichen.

Warum wird die Betriebsanleitung heute digital bereitgestellt?

Die Bereitstellung von Betriebsanleitungen in digitaler Form ist längst mehr als ein technischer Trend – sie ist die Antwort auf veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen, neue Nutzererwartungen und die zunehmende Digitalisierung industrieller Prozesse.

Die digitale Anleitung bietet viele Vorteile. Sie sind einfacher aktualisierbar, jederzeit verfügbar und sparen Druck- sowie Logistikkosten. Außerdem erwarten viele Kunden inzwischen digitale Informationen. Allerdings müssen sämtliche gesetzlichen Anforderungen sorgfältig eingehalten werden, damit die digitale Anleitung die gleiche Rechtssicherheit bietet wie ein gedrucktes Handbuch.

Mit der Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 hat die EU die Vorgaben für technische Unterlagen modernisiert. Betriebsanleitungen dürfen nun erstmals digital bereitgestellt werden, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die Verordnung tritt zwar erst am 20. Januar 2027 verbindlich in Kraft, doch können Hersteller die neuen Regeln bereits jetzt anwenden. Der aktualisierte EU-Leitfaden (Edition 2.3, April 2024) zur Maschinenrichtlinie bestätigt, dass die Einhaltung der Vorgaben aus Artikel 10(7) der neuen Verordnung schon heute als konform mit der aktuellen Richtlinie gilt.

Dies ermöglicht Herstellern also bereits jetzt digitale Betriebsanleitungen anzubieten, sofern alle Anforderungen erfüllt werden. Insbesondere B2B-Maschinen (für professionelle Nutzer) können von der digitalen Dokumentation profitieren, während für Verbraucher/Nicht-Profis weiterhin besondere Vorsicht gilt.

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Wie gelingt der Umstieg von der Papierform
zur digitalen Anleitung Schritt für Schritt?

Der Wechsel von klassischen, gedruckten Betriebsanleitungen hin zu digitalen Formaten ist ein struktureller Veränderungsprozess, der technisches Know-how, strategische Planung und organisatorisches Umdenken erfordert.

Damit der Wandel gelingt, braucht es ein systematisches Vorgehen in mehreren Schritten.

1. Rechtsanforderungen analysieren und Projekt planen:

  • Verschaffen Sie sich zunächst einen Überblick über die neuen gesetzlichen Vorgaben. Lesen Sie Artikel 10 (7) der Maschinenverordnung 2023/1230 im Detail sowie den aktualisierten EU-Leitfaden (April 2024) zu Betriebsanleitungen.
  • Überprüfen Sie weitere anwendbare EU-Richtlinien (wie ATEX) oder außereuropäische Anforderungen.
  • Stellen Sie fest, welche Anforderungen (z.B. digitale Form, Zugänglichkeit, Fristen, Sprache) für Ihre Maschinen und Anlagen gelten.
  • Planen Sie ein internes Projekt zur Umstellung, benennen Sie Verantwortliche (z.B. aus technischer Dokumentation, IT und Recht) und setzen Sie realistische Meilensteine bis spätestens Ende 2026, damit Sie zur verpflichtenden Anwendung 2027 bereit sind.
  • Berücksichtigen Sie, dass bereits heute digitale Anleitungen freiwillig genutzt werden können, wenn alle Bedingungen erfüllt sind.

2. Besonderheiten für bestimmte Nutzergruppen berücksichtigen:

  • Wenn Ihre Maschine für nicht fachkundige Nutzer bestimmt ist (oder vernünftigerweise damit zu rechnen ist, dass Laien sie nutzen), müssen Sicherheitsinformationen zwingend in Papierform beiliegen. Stellen Sie in diesem Fall sicher, dass alle sicherheitsrelevanten Hinweise (z.B. wichtige Warnungen zur Inbetriebnahme) weiterhin gedruckt mitgeliefert werden, auch wenn der Rest der Anleitung digital bereitgestellt wird.
  • Zusätzlich verlangt die Verordnung, dass auf Verlangen des Käufers zum Kaufzeitpunkt eine kostenlose Papier-Betriebsanleitung innerhalb eines Monats bereitgestellt werden muss.
  • Der EU-Leitfaden empfiehlt, den Käufer bereits proaktiv darauf hinzuweisen. Fügen Sie eine Kontaktadresse oder Telefonhotline hinzu, über die der Kunde die gedruckte Anleitung anfordern kann. Diese Maßnahmen stellen sicher, dass auch Nutzer ohne Internetzugang oder mit Präferenz für Papier nicht benachteiligt werden.

3. Ist-Zustand der Dokumentation erfassen:

  • Machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer aktuellen Betriebsanleitungen. In welchem Format liegen diese vor (Word, PDF, gedruckt)? Sind alle erforderlichen Inhalte vorhanden (Sicherheitshinweise, Bestimmungsgemäße Verwendung, Wartungshinweise etc.)?
  • Stellen Sie sicher, dass die Inhalte vollständig, aktuell und zielgruppengerecht (für alle Anwender verständlich) sind. Eventuell ist vor der Digitalisierung eine Inhaltsüberarbeitung ratsam, um z.B. Verständlichkeit und Struktur zu verbessern Papierbasierte Anleitungen sind oft chronologisch oder linear aufgebaut, digitale Dokumentationen sind nutzungsorientiert und modular aufgebaut und wenden oftmals Verlinkungen an. Daher ist eine inhaltliche und strukturelle Überarbeitung nötig.

4. Passende digitale Formate auswählen:

  • Wählen Sie ein geeignetes Zielformat für die digitale Anleitung. Für einen schnellen Einstieg kann es ausreichen, vorhandene Word-Dokumente in PDF oder HTML5 zu konvertieren. PDF-Dateien sind weit verbreitet, müssen aber druck- und speicherbar sein und online bereitgestellt werden. Alternativ bietet HTML5 den Vorteil, dass die Anleitung als Webseite oder in einem Webportal verfügbar ist – nutzerfreundlich auf mobilen Geräten.
  • Achten Sie darauf, dass das gewählte Format den gesetzlichen Vorgaben entspricht, wie zum Beispiel vom Nutzer ausdruckbar, herunterladbar und offline speicherbar.
  • Überlegen Sie, ob interaktive Inhalte (z.B. Videos, Hyperlinks) sinnvoll sind – diese können in HTML/Web-Anleitungen besser integriert werden als in statischen PDF.

5. Tools und Systeme zur Erstellung aussuchen:

  • Ein entscheidender Aspekt bei der Umstellung auf digitale Betriebsanleitungen ist die Wahl der passenden Ausgabekanäle. Ziel ist es, die Inhalte dort verfügbar zu machen, wo sie von den jeweiligen Nutzergruppen – ob Endkunden, Techniker oder Monteure – optimal genutzt werden können.
  • PDF-Dokumente bieten eine einfache und rechtssichere Lösung, sind jedoch weniger interaktiv und mobil optimiert. HTML5-Webanwendungen ermöglichen responsive Darstellungen, interaktive Elemente und multimediale Inhalte, setzen aber eine entsprechende Hosting-Infrastruktur voraus.
  • QR-Codes an der Maschine erlauben den schnellen Zugriff über Smartphones, während App-Lösungen auch im Offline-Modus funktionieren und speziell für Servicepersonal interessant sind.
  • Die direkte Integration in HMI-Systeme kann den Bedienprozess unterstützen und gezielt arbeitserleichternde Informationen bereitstellen. Häufig ist eine Multichannel-Strategie sinnvoll: Inhalte werden zentral gepflegt und automatisch in mehreren Formaten ausgegeben – so steigt die Effizienz und Aktualität der Dokumentation. Letztendlich sollte die Auswahl des Ausgabekanals an den Bedürfnissen der Nutzer, der technischen Machbarkeit und den rechtlichen Anforderungen ausgerichtet sein.

6. Zugangsform festlegen:

  • Entscheiden Sie, wie Sie die digitale Anleitung dem Kunden zur Verfügung stellen. Häufige Optionen sind etwa ein QR-Code auf der Maschine, ein gedruckter Download-Link (URL) in den Begleitpapieren, ein geschütztes Online-Webportal für Kunden oder ein physischer USB-Stick mit den Dateien.
  • Prüfen Sie diese Wege hinsichtlich Rechtskonformität, Zugang für den Nutzer und Wartungsaufwand. Wichtig: Gemäß Verordnung muss der Hersteller auf der Maschine, Verpackung oder in den Unterlagen angeben, wie auf die digitale Anleitung zugegriffen werden kann.
  • Ihr gewählter Bereitstellungsweg muss klar kommuniziert werden (z.B. Hinweis „Betriebsanleitung online abrufbar unter: <Ihre URL>“ oder ein gut sichtbarer QR-Code mit Beschriftung).

7. Digitale Zugangslösung implementieren:

  • Richten Sie die technische Lösung für den Zugang ein.
  • Entwickeln Sie ggf. eine Webseite oder Cloud-Plattform, auf der die Anleitung zum Download bereitsteht.
  • Stellen Sie sicher, dass die Dateien dort für mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen verfügbar bleiben und während der voraussichtlichen Lebensdauer der Maschine nicht entfernt werden. Implementieren Sie bei Nutzung eines QR-Codes einen dauerhaften Link (URL) hinter dem Code und testen Sie, ob dieser Code auch nach Jahren noch lesbar und gültig ist.
  • Bei Nutzung eines USB-Sticks sorgen Sie dafür, dass dieser robust und virenfrei ist; legen Sie gegebenenfalls einen Hinweis bei, der auf eine Website verweist, wo im Falle von Updates oder Verlust des Sticks die Anleitung heruntergeladen werden kann.
  • Testen Sie die Zugangsmethode in der Praxis – kann der Kunde ohne Hürden auf die Anleitung zugreifen? Sind Download und Darstellung problemlos?

8. Anleitung inhaltlich und formal anpassen:

  • Passen Sie die Anleitung selbst den digitalen Gegebenheiten an.
  • Entfernen Sie z.B. seitenbezogene Verweise („siehe Seite X“), wenn die Anleitung als HTML veröffentlicht wird – nutzen Sie stattdessen Hyperlinks oder Abschnitttitel.
  • Sorgen Sie für gute Lesbarkeit am Bildschirm: ausreichende Schriftgröße, klare Überschriftenstruktur, ggf. eine Suchfunktion (bei PDFs Inhaltsverzeichnis mit Links).
  • Überprüfen Sie die Sprache und Verständlichkeit: Die Verordnung fordert klar, verständlich und lesbar formulierte Anleitungen. Dies ist für digitale Anleitungen ebenso essenziell wie für gedruckte. Führen Sie interne Qualitätskontrollen durch.

9. Konformitätserklärung und Dokumentation aktualisieren:

  • Passen Sie zusätzlich Ihre EU-Konformitätserklärung und technischen Unterlagen an die digitale Bereitstellung an. Die Maschinenverordnung erlaubt es, die EU-Konformitätserklärung nicht mehr physisch beizulegen, sondern alternativ in der Betriebsanleitung einen Link oder maschinenlesbaren Code (z.B. QR-Code) anzugeben, unter dem die Konformitätserklärung abgerufen werden kann.
  • Sie können also beispielsweise in der digitalen Anleitung am Anfang einen Abschnitt „EU-Konformitätserklärung“ einfügen mit einem QR-Code oder einer Internetadresse zur digitalen Konformitätserklärung. Diese digitale Konformitätserklärung muss ebenfalls für die Lebensdauer und mindestens 10 Jahre online verfügbar sein.
  • Dokumentieren Sie in Ihrer internen Technischen Dokumentation klar, dass die Betriebsanleitung digital bereitgestellt wird und wie Sie die gesetzlichen Anforderungen einhalten (z.B. Protokoll, dass Anleitung online gestellt wurde, Nachweis der Zugänglichkeit, Muster der Hinweisschilder auf der Maschine etc.). So sind Sie bei einer Überprüfung durch Marktaufsichtsbehörden auf der sicheren Seite.

10. Schulung und Roll-out vorbereiten:

  • Schulen Sie Vertriebspartner, Importeure und Kundenservicemitarbeiter bezüglich der neuen digitalen Bereitstellung. Ihre Händler sollten informiert sein, wie Kunden an die Anleitung kommen und wie im Bedarfsfall eine Papieranleitung angefordert wird.
  • Passen Sie ggf. Ihre Verkaufs- und Übergabeprozesse an – etwa indem Sie beim Verkaufsgespräch auf die digitale Anleitung hinweisen oder der Maschine eine Kurzanleitung beilegen, die den Zugang erläutert.
  • Starten Sie den Roll-out vorzugsweise mit neuen Maschinenmodellen oder in bestimmten Märkten, um Erfahrungen zu sammeln, und weiten Sie es dann auf das gesamte Portfolio aus. Holen Sie Feedback von Nutzern ein, um eventuelle Probleme (z. B. Schwierigkeiten beim Aufrufen der Anleitung) früh zu erkennen und zu beheben.

11. Wartung und Aktualisierung sicherstellen:

  •  Etablieren Sie Prozesse, um die digitalen Anleitungen aktuell zu halten. Wenn sich technische Änderungen an der Maschine ergeben oder neue Sicherheitsinformationen erforderlich sind, muss die digitale Anleitung entsprechend aktualisiert werden. Dank digitaler Verteilung können Updates zwar leichter bereitgestellt werden als bei Papierhandbüchern, dennoch sollten Kunden über wesentliche Änderungen informiert werden (z. B. via E-Mail oder Hinweis auf der Webseite).
  • Stellen Sie sicher, dass ältere Versionen archiviert bleiben, falls dies für Haftungsnachweise erforderlich ist, und dass die jeweils gültige Version ersichtlich ist. Planen Sie regelmäßige Überprüfungen ein, ob die bereitgestellten Links noch funktionieren und der Server mit den Anleitungen erreichbar ist.

12. Feedback und kontinuierliche Verbesserung:

  • Nutzen Sie die Einführung der digitalen Anleitung als Chance zur Verbesserung Ihrer Technischen Dokumentation.
  • Fragen Sie nach einiger Zeit bei Ihren Kunden nach, ob das neue Bereitstellungskonzept für sie funktioniert.
  • Sammeln Sie Feedback zur Benutzerfreundlichkeit. Dieses Feedback kann Ihnen helfen, die digitalen Handbücher weiter zu optimieren – sei es inhaltlich, gestalterisch oder technisch. Bleiben Sie außerdem bezüglich neuer Technologien auf dem Laufenden – z.B. könnten in Zukunft Mobile Apps oder Augmented-Reality-Anwendungen die Bereitstellung von Anleitungen ergänzen. Auch normative Änderungen (etwa weitere Leitfäden oder Auslegungsdokumente der EU) sollten verfolgt werden, um stets compliant zu bleiben.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die digitale Betriebsanleitung dem Nutzer zugänglich zu machen. Jede hat Stärken und Schwächen in Bezug auf rechtliche Konformität, technische Umsetzung, Benutzerfreundlichkeit und Wartungsaufwand. Die folgende Tabelle vergleicht vier gängige Bereitstellungswege:

Ein QR-Code an der Maschine führt direkt zur digitalen Anleitung im Internet.

  • Erfüllt die Anforderungen der Maschinenverordnung hinsichtlich der Zugänglichkeit direkt an der Maschine.
  • Die Verlinkung auf eine Online-Version ermöglicht die gesetzlich geforderte 10-jährige Verfügbarkeit.
  • Technisch leicht umsetzbar – ein QR-Code kann einfach erzeugt und auf dem Typenschild oder in der Dokumentation angebracht werden.
  • Für viele Nutzer sehr komfortabel: Der Scan mit dem Smartphone liefert sofort die Anleitung.
  • Aktualisierungen sind ohne Änderung des QR-Codes möglich – Sie tauschen einfach die Datei auf dem Server aus.
  • Nutzer ohne Smartphone oder Internetzugang benötigen weiterhin eine Alternative in Papierform.
  • Die Nutzung setzt eine gewisse technische Affinität beim Anwender voraus.
  • Die Verfügbarkeit der Anleitung hängt von einer funktionierenden Internetverbindung ab.

Sie geben eine Internetadresse an, unter der die Anleitung heruntergeladen werden kann.

  • Rechtlich zulässig, sofern die Adresse klar und dauerhaft angegeben ist.
  • Technisch sehr einfach: Eine Download-Seite oder ein Cloud-Speicher reicht aus.
  • Jeder Nutzer mit Internetzugang und Browser kann auf die Anleitung zugreifen.
  • Aktualisierungen sind schnell durchführbar, indem Sie die hinterlegte Datei austauschen.
  • Nutzer ohne Internetzugang oder PC benötigen eine alternative Bereitstellungsform.
  • Lange URLs können fehleranfällig beim Eintippen sein – QR-Codes oder klickbare Links bieten hier oft mehr Komfort.
  • Sie müssen sicherstellen, dass die Adresse langfristig verfügbar bleibt.

Die Anleitung wird über ein Login-geschütztes Portal bereitgestellt, häufig kombiniert mit weiteren Inhalten.

  • Sie können verschiedene Dokumente, Sprachversionen oder Zusatzinformationen zentral verwalten.
  • Der Zugang kann auf berechtigte Personen beschränkt werden – ein Vorteil bei sensiblen Informationen.
  • Portale bieten oft Mehrwert für Ihre Kunden, etwa durch Ersatzteillisten oder automatische Update-Benachrichtigungen.
  • Inhalte lassen sich zentral aktualisieren – alle Nutzer erhalten automatisch die aktuelle Version.
  • Der technische und organisatorische Aufwand ist höher: Sie benötigen ein Portal-System mit Benutzerverwaltung, Datenschutzmechanismen und IT-Betreuung.
  • Die Zugangspflicht für 10 Jahre pro verkauftem Produkt muss sichergestellt werden – unabhängig von Portaländerungen.
  • Für manche Anwender kann die Registrierung eine Einstiegshürde darstellen.

Sie legen der Maschine einen USB-Stick mit der Anleitung in digitaler Form (PDF/HTML) bei.

  • Ihre Kunden können auch ohne Internetzugang sofort auf die Anleitung zugreifen.
  • Die Nutzung ist unkompliziert: Stick einstecken, Datei öffnen, fertig.
  • Ideal als zusätzliche Offline-Option für technikferne Zielgruppen.
  • Ein USB-Stick allein würde die Anforderungen der Maschinenverordnung voraussichtlich nicht vollständig abdecken, da ergänzend auch eine jederzeit online verfügbare Anleitung vorgesehen sein könnte.
  • USB-Sticks können verloren gehen oder mit neueren Geräten nicht kompatibel sein.
  • IT-Abteilungen vieler Unternehmen untersagen den Einsatz externer USB-Datenträger (Sicherheitsrisiko).
  • Änderungen der Anleitung erfordern entweder eine Neuausgabe oder einen ergänzenden Download – das erhöht den Aufwand.

Welche Tools und Formate eignen sich für digitale Betriebsanleitungen?

Für die Erstellung und Verwaltung digitaler Betriebsanleitungen gibt es unterschiedliche Tools, Formate und Softwarelösungen. Die Wahl hängt von der Unternehmensgröße, dem Dokumentationsumfang und den vorhandenen Ressourcen ab. Die folgenden Abschnitte bieten einen kompakten Überblick über die Optionen und geben praxisnahe Empfehlungen für die Umsetzung:

Viele mittelständische Betriebe verfassen Anleitungen traditionell in Word. Diese Dokumente lassen sich mit relativ geringem Aufwand für die digitale Bereitstellung aufbereiten. Nutzen Sie z.B. die Exportfunktion in Word zu HTML5 oder PDF. Ein sauber formatiertes Word-Dokument kann so in eine Webseite umgewandelt oder als durchsuchbares PDF veröffentlicht werden. Achten Sie auf konsistente Formatvorlagen in Word, damit der Export zu HTML5 gut strukturiert ist. Es gibt auch spezialisierte Tools, die Word-Dokumentation in Online-Hilfen umwandeln (z.B. Adobe RoboHelp, MadCap Flare), welche HTML5-Ausgaben erzeugen.

Für umfangreiche, mehrsprachige Anleitungen mit modularen Inhalten lohnen sich professionelle Redaktionssysteme. XML-basierte Content-Management-Systeme (CCMS) wie SCHEMA ST4 oder bloXedia ermöglichen es, Inhalte modular zu erstellen, wiederzuverwenden und in verschiedene Formate auszugeben. Sie können z.B. aus einer strukturierten Quelle gleichzeitig PDF für den Download und HTML für ein Webportal generieren. Diese Systeme unterstützen auch Übersetzungsworkflows und Metadaten (z.B. für Varianten oder Zielgruppen). Die Einführung eines CCMS erfordert zwar initial Aufwand und Investition, zahlt sich aber bei komplexen Dokumentationen aus.

FrameMaker ist ein bekanntes Werkzeug zur technischen Dokumentation. Es erlaubt die strukturierte Erstellung langer Dokumente und beherrscht den Mehrfach-Output (PDF, HTML, XML). Auch andere DTP-Tools (Desktop Publishing) wie Adobe InDesign können technische Dokumente erstellen, sind jedoch weniger auf Modularität und automatisierte Ausgabe fokussiert. Wenn Sie bereits FrameMaker nutzen, prüfen Sie die Publish-Funktionen für HTML5: Neuere Versionen können direkt Responsive HTML5 Help erzeugen, was für Web-Bereitstellungen ideal ist.

Achten Sie bei digitalen Anleitungen auf zukunftsfähige Standardformate. Ein wichtiger Trend ist iiRDS (intelligent information Request and Delivery Standard) – ein offener Standard für den Austausch und die Bereitstellung digitaler Technischer Dokumentation. Mit iiRDS können Sie Ihre Anleitung mit Metadaten (z.B. Maschinentyp, Thema, Zielgruppe) versehen und in einem standardisierten Paket bereitstellen, das von verschiedenen Portalen oder Viewern gelesen werden kann. Dies erleichtert die Integration Ihrer Doku in Kundenportale oder digitale Zwillinge. Erwägen Sie, Ihre Inhalte mittelfristig in ein iiRDS-kompatibles Format zu überführen, um die Auffindbarkeit und Wiederverwendbarkeit zu erhöhen. Auch DITA (Darwin Information Typing Architecture) sei erwähnt – ein XML-Standard für modulare Doku, der vor allem in der Software-Dokumentation verbreitet ist und ebenfalls flexible Ausgabe ermöglicht.

Neben der Inhaltserstellung ist die Bereitstellungs-Plattform wichtig. Ein einfaches Firmen-CMS (z.B. WordPress mit geeignetem Plugin) kann genügen, um Anleitungsseiten online zu stellen, wenn die Inhalte als HTML vorliegen. Für PDF-Downloads reicht auch ein Cloud-Speicher oder Downloadbereich auf Ihrer Website. Stellen Sie jedoch sicher, dass Zugriffsrechte kontrollierbar sind (z.B. interne Service-Dokumentation nicht frei im Web auffindbar). Spezielle Doku-Portale oder Service-Plattformen können Ihren Kunden zusätzlichen Nutzen bieten, erfordern aber Entwicklung. Nutzen Sie soweit möglich bestehende IT-Infrastruktur – z.B. einen Bereich auf Ihrer Webseite für „Downloads & Anleitungen“, der gut auffindbar ist und die Dokumente geordnet nach Produkt bereitstellt.

Eine besonders praktische und weit verbreitete Methode ist die Nutzung von Markdown. Markdown ist eine leicht verständliche Auszeichnungssprache, mit der Sie Texte schnell und übersichtlich strukturieren können, ohne dabei komplexe Programmierkenntnisse zu benötigen. Inhalte werden dabei in einfachen Textdateien erstellt, die sich unkompliziert bearbeiten lassen. Um Markdown-Inhalte ansprechend und funktional im Web bereitzustellen, gibt es verschiedene Open-Source-Systeme, die speziell für technische Dokumentationen entwickelt wurden, wie zum Beispiel MkDocs und Docusaurus.

Die digitale Betriebsanleitung muss nicht nur benutzerfreundlich, sondern auch rechtskonform sein. CE-Kennzeichnung, Konformitätserklärung und sicherheitsrelevante Hinweise sind Pflicht – auch im digitalen Format. Dieser Abschnitt zeigt, worauf bei der Integration gesetzlich vorgeschriebener Inhalte zu achten ist und wie digitale Lösungen den Dokumentationsprozess sogar vereinfachen können.

EU-Konformitätserklärung digital bereitstellen:

  • Bisher musste die EG-/EU-Konformitätserklärung in der Regel in Papierform der Maschine beiliegen. Die neue Verordnung erlaubt es nun, diese Erklärung digital zugänglich zu machen. Konkret kann der Hersteller anstelle einer beigefügten Papiererklärung in der Anleitung (oder auf einem Beiblatt) eine Internetadresse oder einen QR-Code angeben, unter dem die EU-Konformitätserklärung abgerufen werden kann.
  • Dieses Vorgehen spart Papier und stellt sicher, dass immer die aktuelle Version verfügbar ist. Wenn Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, muss die digitale Version für die erwartete Lebensdauer der Maschine, mindestens aber 10 Jahre online verfügbar sein – analog zur Betriebsanleitung. Praktisch sollte der Link zur Konformitätserklärung also genauso dauerhaft sein wie der Link zur Anleitung selbst.

Hinweis in der Anleitung:

  • In Ihrer digitalen Betriebsanleitung sollten Sie einen gut sichtbaren Abschnitt haben, der die Konformitätserklärung adressiert. Beispielsweise können Sie am Ende der Anleitung ein Kapitel „EG/EU-Konformitätserklärung” einfügen, in dem steht, dass die Erklärung online verfügbar ist, und den entsprechenden Link oder QR-Code angeben. So erfüllen Sie sowohl die Informationspflicht gegenüber dem Nutzer als auch die formalen Anforderungen.
  • Der aktualisierte Leitfaden (2024) der Maschinenrichtlinie präzisiert zudem, dass die Konformitätserklärung entweder Bestandteil der Anleitung sein muss oder eben digital verlinkt sein darf – letzteres ist nun dank der Verordnung zulässig.

Integration in die Technische Dokumentation:

  • Die Betriebsanleitung – ob digital oder gedruckt – ist Teil der technischen Unterlagen, die ein Hersteller im Rahmen der CE-Konformität erstellt. Bei einer rein digitalen Anleitung sollte der Hersteller im internen Konformitätsverfahren dokumentieren, wie die Anleitung bereitgestellt wird.
  • Halten Sie in der Technischen Dokumentation fest, wo die Anleitung online hinterlegt ist, wie lange sie vorgehalten wird und wie der Zugriff geregelt ist. Im Falle einer Überprüfung müssen Sie zeigen können, dass Sie Ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, die Anleitung bereitzustellen und auf Verlangen in Papier zu liefern. Außerdem sollten Sie bei der Risikobeurteilung Ihrer Maschine ggf. anführen, dass die Bereitstellung der Anleitung digital erfolgt – insbesondere wenn daraus Risiken oder Schutzmaßnahmen abgeleitet werden.

Konformitätserklärung für bereits in Verkehr gebrachte Maschinen:

  • Beachten Sie, dass für Maschinen, die vor dem Stichtag 2027 in Verkehr gebracht werden, die bisherige Richtlinie gilt. Hier sollten Sie die Konformitätserklärung wie bisher handhaben (in der Regel in den Unterlagen beiliegend). Allerdings spricht nichts dagegen, zusätzlich schon einen digitalen Zugang zur Konformitätserklärung zu bieten – es darf nur nicht die vorgeschriebene beiliegende Erklärung ersetzen, solange die Richtlinie formal gilt. Ab 2027 können Sie dann komplett auf den digitalen Verweis umstellen.
Praktische Anwendung digitale Betriebsanleitung

Die Transformation hin zur digitalen Betriebsanleitung ist komplex und erfordert Fachwissen in Technik, Recht, IT, Gestaltung und Informationsarchitektur. Nicht jedes Unternehmen verfügt intern über die nötigen Ressourcen oder Kompetenzen, um diesen Wandel vollständig allein umzusetzen. Externe Dienstleister können hier eine wertvolle Unterstützung bieten – punktuell oder über den gesamten Prozess hinweg.

  • Dienstleister, die auf technische Dokumentation und Digitalisierung spezialisiert sind, bringen Erfahrung aus unterschiedlichen Branchen und Projekten mit. Sie kennen gesetzliche Vorgaben, aktuelle Tools und Best Practices und können so dazu beitragen, typische Fehler zu vermeiden. Gerade bei der Erstumstellung – etwa bei der Wahl eines passenden Redaktionssystems, der Modularisierung von Inhalten oder der mediengerechten Gestaltung – kann externe Expertise Zeit und Aufwand sparen.
  • Auch bei Engpässen im Tagesgeschäft kann es sinnvoll sein, externe Kapazitäten zu nutzen, etwa zur Texterstellung, Datenmigration oder Übersetzung. Viele Dienstleister bieten zudem umfassende Komplettlösungen an: von der Konzeptentwicklung über die medienneutrale Content-Erstellung bis hin zur Ausspielung über verschiedene Kanäle (Multichannel Publishing).
  • Nicht jeder Dienstleister passt zu jedem Projekt. Wichtig ist, dass der externe Partner branchenspezifisches Verständnis mitbringt, sich in geltenden Richtlinien und Normen (z. B. Maschinenverordnung, ISO 20607) auskennt. Transparente Kommunikation, klare Zuständigkeiten und datenschutzkonforme Zusammenarbeit sind ebenfalls zentrale Kriterien.
  • Ein weiterer wichtiger Punkt: Die technische Dokumentation bleibt Eigentum des Unternehmens. Daher sollte sichergestellt sein, dass Daten und Inhalte in gängigen Formaten übergeben werden und eine spätere interne Pflege oder Weiterentwicklung möglich ist.
  • die Digitalisierung erstmals umgesetzt wird und internes Know-how fehlt,
  • große Dokumentenmengen in kurzer Zeit umgestellt werden müssen,
  • komplexe technische Produkte eine hohe Dokumentationstiefe erfordern,
  • neue Technologien (z. B. interaktive Anleitungen, Apps, Augmented Reality) eingebunden werden sollen,
  • oder langfristige Skalierbarkeit und Entlastung der internen Redaktion gewünscht ist.

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Fazit
Digitale Betriebsanleitungen strategisch denken -
und praktisch umsetzen

Die digitale Betriebsanleitung ist längst kein optionales Extra mehr, sondern ein zentrales Element moderner technischer Dokumentation. Sie ermöglicht nicht nur einen flexiblen und nutzerfreundlichen Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen, sondern erfüllt – richtig umgesetzt – auch alle gesetzlichen Anforderungen. Mit der abgelösten Maschinenrichtlinie und der neuen EU-Maschinenverordnung gewinnt insbesondere die digitale Form der Dokumentation zunehmend an Bedeutung.

Wer die digitale Anleitung strategisch plant, kann Informationsprozesse deutlich effizienter gestalten und Inhalte mediengerecht sowie zielgruppengerecht aufbereiten. Die Herausforderung liegt dabei weniger in der Technik, sondern in der strukturierten Herangehensweise: Inhalte müssen überdacht, Prozesse angepasst und neue Formen der Ausspielung evaluiert werden – vom klassischen PDF bis zur interaktiven Webanwendung. Auch rechtliche Pflichtbestandteile wie Konformitätserklärungen oder CE-relevante Angaben müssen vollständig und nachweisbar eingebunden sein.

Für Unternehmen, die nicht über alle internen Ressourcen verfügen, kann die Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistern sinnvoll sein. Wichtig ist dabei, die Kontrolle über Inhalte und Systeme zu behalten und auf nachhaltige, offene Lösungen zu setzen.

Insgesamt bietet die digitale Betriebsanleitung die Chance, gesetzliche Konformität mit einem echten Mehrwert für Nutzer und Unternehmen zu verbinden – praxisnah, zukunftssicher und zunehmend auch regulatorisch bevorzugt.

Nutzen Sie die Übergangszeit bis 2027, um Erfahrungswerte zu sammeln, und zögern Sie nicht, Expertise hinzuzuziehen, wo nötig. So wird aus der ehemals schweren Papierbibel eine moderne, digitale Betriebsanleitung, die Ihren Maschinen und Anlagen einen zusätzlichen Wettbewerbs- und Servicevorteil verschafft.

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