Man kann sagen, dass die Risikobeurteilung die Lebensversicherung eines Herstellers ist. Sie schützt den Hersteller davor, bei Unfällen an der Maschine die vollständige Haftung zu übernehmen. Mit der Risikobeurteilung weist der Hersteller nach, dass er die gesetzlich geforderten sicherheitstechnischen Anforderungen bei der Konstruktion und Herstellung der Maschine eingehalten und umgesetzt hat.
Die rechtlichen Vorgaben sind in der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (und ab 20.01.2027 in der EU-Maschinenverordnung 2023/1230) geregelt. Als harmonisierte Norm wird die EN ISO 12100 herangezogen. Sie legt allgemeine Leitsätze und Strategien zur Risikobeurteilung von Maschinen fest.
In diesem Artikel erklären wir die Inhalte und Anforderungen einer Risikobeurteilung und geben einen praxisnahen Leitfaden für die Erstellung und Umsetzung.
Was ist eine Risikobeurteilung?
Die Risikobeurteilung stellt den Prozess dar, bei dem Risiken, die im Zusammenhang mit dem Umgang von Maschinen entstehen, identifiziert und bewertet werden. Darauf aufbauend werden Maßnahmen festgelegt, die die erkannten Risiken auf ein hinreichendes Maß minimieren. Der gesamte Prozess muss sauber dokumentiert werden, um einen schriftlichen Nachweis über die Einhaltung dieser Schritte bereitzuhalten.
Wichtig: Erst nach der Erstellung einer vollständigen Risikobeurteilung darf ein Hersteller seine Maschine auf dem Markt bereitstellen. Für Maschinen, die für die eigene Verwendung hergestellt wurden, gilt dies genauso, wie für Maschinen, die an Dritte verkauft, verschenkt oder verliehen werden.
Die rechtlichen Grundlagen für die Erstellung und Durchführung einer Risikobeurteilung sind die geltenden EU-Rechtsvorschriften. Im Falle von Maschinen und Anlagen ist dies die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (und ab 20.01.2027 die EU-Maschinenverordnung 2023/1230). Gegebenenfalls können weitere Rechtsvorschriften auf die Maschine anwendbar sein, wie z. B.:
- EMV-Richtlinie
- ATEX-Richtlinie
- Druckgeräterichtlinie
Darüber hinaus werden harmonisierte Normen herangezogen, die maschinenspezifische Gefährdungen betrachten. Die übergeordnete und für jede Maschine anwendbare Norm ist die:
- EN ISO 12100:2010 – Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung
Weiterführend werden je nach Maschinentyp spezifischere Typ-B und Typ-C Normen als Grundlage verwendet, wie zum Beispiel:
- EN 60204-1 – Elektrische Ausrüstung von Maschinen
- EN ISO 14120 – Feststehende trennende Schutzeinrichtungen
Bedeutung und Anwendung der
harmonisierten Norm EN ISO 12100
Die EN ISO 12100 bildet die europäisch harmonisierte Grundlage für die Risikobeurteilung von Maschinen und legt einheitliche Prinzipien für die Risikominderung fest. Sie definiert einen systematischen Ablauf von der Gefährdungsanalyse über die Risikoeinschätzung bis hin zur Risikominimierung. Durch die klare Strukturierung ermöglicht die Norm eine transparente Dokumentation und Nachweisführung der Sicherheitsmaßnahmen. Eine korrekte Anwendung der EN ISO 12100 ist Voraussetzung für die CE-Kennzeichnung von Maschinen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.
Verantwortlich für die Umsetzung der EN ISO 12100 ist die Person, die die Maschine in Verkehr bringt oder im eigenen Unternehmen in Betrieb nimmt. Üblicherweise ist dies der Hersteller der Maschine, der bereits ab der Entwicklungs- und Konstruktionsphase die sicherheitsrelevanten Anforderungen der Norm beachten muss. Im Falle eines Imports einer Maschine aus einem Drittstaat muss der Importeur sicherstellen, dass alle Anforderungen umgesetzt sind.
Der Umsetzungsprozess beginnt mit der Festlegung des Anwendungsbereichs und der Definition der Maschinengrenzen. Darauf folgt eine umfassende Gefährdungsanalyse und Risikoeinschätzung aller potenziellen Gefahrenquellen. Auf Basis der Risikoeinstufungen werden geeignete, hierarchisch priorisierte Schutzmaßnahmen konzipiert und umgesetzt. Abschließend sind die Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen sowie eine lückenlose Dokumentation der gesamten Risikobeurteilung und der implementierten Sicherheitsmaßnahmen erforderlich.
Wichtigste Begriffe für die Erstellung einer Risikobeurteilung
Risiko | Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens und seines Schadensausmaßes, wobei Schaden eine physische Verletzung oder Gesundheits-schädigung darstellt. |
Gefährdung | Potentielle Schadensquelle. |
Risikobeurteilung | Gesamtheit des Verfahrens, das eine Risikoanalyse und Risikobewertung umfasst. |
Risikoanalyse | Kombination aus Festlegung der Grenzen der Maschine, Identifizierung der Gefährdungen und Risikoeinschätzung. |
Risikoeinschätzung | Bestimmung des Risikos, meist mittels Risikograph in Form einer Risikozahl. |
Risikobewertung | Auf der Risikoanalyse beruhende Beurteilung, ob die Ziele zur Risikominderung erreicht wurden. |
Hinreichende Risikominderung | Risikominderung, die unter Berücksichtigung des Standes der Technik zumindest den gesetzlichen Anforderungen entspricht. |
Schutzmaßnahme | Mittel zur vorgesehenen Minderung des Risikos. |
Risiko | Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens und seines Schadensausmaßes, wobei Schaden eine physische Verletzung oder Gesundheits-schädigung darstellt. |
Gefährdung | Potentielle Schadensquelle. |
Risikobeurteilung | Gesamtheit des Verfahrens, das eine Risikoanalyse und Risikobewertung umfasst. |
Risikoanalyse | Kombination aus Festlegung der Grenzen der Maschine, Identifizierung der Gefährdungen und Risikoeinschätzung. |
Risikoeinschätzung | Bestimmung des Risikos, meist mittels Risikograph in Form einer Risikozahl. |
Risikobewertung | Auf der Risikoanalyse beruhende Beurteilung, ob die Ziele zur Risikominderung erreicht wurden. |
Hinreichende Risikominderung | Risikominderung, die unter Berücksichtigung des Standes der Technik zumindest den gesetzlichen Anforderungen entspricht. |
Schutzmaßnahme | Mittel zur vorgesehenen Minderung des Risikos. |
Die Erstellung der Risikobeurteilung und die Umsetzung der risikominimierenden Maßnahmen liegt vollständig in der Verantwortung des Herstellers. Ein Hersteller haftet für seine Produkte und muss im Rahmen einer behördlichen Überprüfung nachweisen, dass er alle Anforderungen in Bezug auf die Produkt- und Maschinensicherheit erfüllt hat. Eine solche Überprüfung kann routinemäßig, bei begründetem Verdacht oder im Worstcase nach einem Arbeitsunfall durchgeführt werden.
Hinweis: Beim Import einer Maschine aus einem Drittstaat gehen die Pflichten des Herstellers auf den Importeur über.
Innerhalb des Unternehmens können natürlich mehrere Personen am Prozess der Risikobeurteilung beteiligt sein. Je nach Größe des Unternehmens und benötigter Qualifikation ist es oft gar nicht möglich, den gesamten Risikobeurteilungsprozess von nur einer Person durchführen zu lassen.
Aufgabe | Verantwortliche Person |
Organisation und Koordination der Risikobeurteilung | Geschäftsführer, Abteilungsleiter, CE-Koordinator |
Recherche der anwendbaren Richtlinien und Normen | CE-Koordinator |
Analyse und Bewertung der auftretenden Gefährdungen | CE-Koordinator, Konstrukteure |
Definition der Risikomindernden Maßnahmen | CE-Koordinator, Konstrukteure, Qualifiziertes Fachpersonal (z.B.: Laserschutzbeauftragter, Elektrofachkraft) |
Nachweis der sicherheitsgerichteten Steuerungsfunktionen (Performance-Level) | Steuerungskonstrukteur |
Prüfen der elektrischen/pneumatischen/hydraulischen Ausrüstung und Erstellen von Prüfreports | Qualifiziertes Fachpersonal |
Dokumentieren der Risikobeurteilung | CE-Koordinator |
Aufgabe | Verantwortliche Person |
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Organisation und Koordination der Risikobeurteilung | Geschäftsführer, Abteilungsleiter, CE-Koordinator |
Recherche der anwendbaren Richtlinien und Normen | CE-Koordinator |
Analyse und Bewertung der auftretenden Gefährdungen | CE-Koordinator, Konstrukteure |
Definition der Risikomindernden Maßnahmen | CE-Koordinator, Konstrukteure, Qualifiziertes Fachpersonal (z.B.: Laserschutzbeauftragter, Elektrofachkraft) |
Nachweis der sicherheitsgerichteten Steuerungsfunktionen (Performance-Level) | Steuerungskonstrukteur |
Prüfen der elektrischen/pneumatischen/hydraulischen Ausrüstung und Erstellen von Prüfreports | Qualifiziertes Fachpersonal |
Dokumentieren der Risikobeurteilung | CE-Koordinator |
Sollten Sie in Ihrem Unternehmen keinen CE-Koordinator haben bzw. Ihnen fehlt Zeit und Erfahrung die Aufgaben eines CE-Koordinators umzusetzen, dann können Sie uns gerne eine Anfrage senden. Auch beim Nachweis der sicherheitsgerichteten Steuerungsfunktionen können wir Sie unterstützen.
Nähere Informationen hierzu finden Sie auch in unserem Artikel über Funktionale Sicherheit.
Schritt-für-Schritt-Anleitung (Prozess)
zur Durchführung einer Risikobeurteilung
Nachfolgend sind die einzelnen Schritte aufgeführt, die umgesetzt werden müssen, um eine Risikobeurteilung gemäß EN ISO 12100 durchzuführen.
1. Festlegen der Grenzen der Maschine
Die Grenzen der Maschine bilden das Fundament der Risikobeurteilung. Nur, wenn klare Grenzen definiert und festgehalten wurden, kann der Hersteller sicher sein, alle Gefährdungen einer Maschine analysiert zu haben. Die Grenzen einer Maschine können sich beispielsweise in folgende Themenbereiche gliedern:
- Verwendungsgrenzen
Bestimmungsgemäße Verwendung: Hierunter zählt die Verwendung einer Maschine in Übereinstimmung mit den in der Benutzerinformation bereitgestellten Informationen. Dazu gehören unter anderem die Festlegung folgender Punkte:
- Hauptaufgabe(n) der Maschine
- Betriebsarten und Eingriffsmöglichkeiten
- Einsatzbereich der Maschine
- Qualifikation der Bediener für alle Lebensphasen
Vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung: Hierunter zählt die Verwendung einer Maschine in einer Weise, die vom Konstrukteur nicht vorgesehen ist, sich jedoch aus dem leicht vorhersehbaren menschlichen Verhalten ergeben kann. Dies können unter anderem die Szenarien sein:
- Verarbeiten unzulässiger Materialien
- Unzulässige Bedienung
- Räumliche Grenzen
- Maße und Bewegungsraum der Maschine
- Abstände zu umliegenden Wänden oder Maschinen
- Platzbedarf von involvierten Personen in allen Lebensphasen
- Zeitliche Grenzen
- Vorhersehbare Lebensdauer der Maschine und ggf. Komponenten
- Wartungs-/ Instandhaltungsintervalle
- Dauerbetrieb; Zweischichtbetrieb; Einschichtbetrieb
- Schnittstellen
- Mensch-Maschine-Interaktion
- Elektrische / pneumatische / hydraulische Energieversorgung
- Materialzu-/abfuhr
- Leistungsdaten
- Leistungsdaten von: Laser / Presse / Gebläse / Druckvolumen etc.
- Umgebungsbedingungen
- Temperatur
- Luftfeuchte
- Explosive Atmosphäre
2. Identifizierung der Gefährdungen
Die Identifizierung der Gefährdungen stellt einen sehr wichtigen Schritt in der Risikobeurteilung dar, da risikomindernde Maßnahmen erst eingeleitet werden können, wenn die entsprechenden Gefährdungen identifiziert wurden. Hierbei müssen die nachfolgenden Punkte berücksichtigt werden, um den ganzheitlichen Umgang mit der Maschine zu betrachten:
- Betrachtung aller Lebensphasen.
- Betrachtung aller Aufgaben durch beteiligtes Personal.
- Betrachtung möglicher Betriebszustände der Maschine.
- Betrachtung von unbeabsichtigtem Verhalten der Bedienperson bzw. Fehlanwendung.
Für jede identifizierte Gefährdung müssen geeignete Maßnahmen zur Risikominderung getroffen werden. Bei den Maßnahmen muss der Stand der Technik eingehalten werden. Dieser ist in den harmonisierten Normen festgehalten.
Praxistipp: beginnen Sie die Identifizierung der Gefährdungen mit einem simplen Notizzettel/Mindmap. Oft zeigen einem der gesunde Menschenverstand und gesammelte Erfahrungswerte schon wesentliche Gefährdungen auf, die dann durch Recherche in anwendbaren Normen und Standards vervollständigt werden.
3. Risikoeinschätzung
Für jede identifizierte Gefährdung muss eine Risikoeinschätzung durchgeführt werden. Die Risikoeinschätzung resultiert in einem Risikowert, mit dem das zu erwartende Risiko quantifiziert wird. Der Risikowert ist hierbei eine Kombination von Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadens. In der EN ISO 12100 sind die Kriterien für diese Einschätzung festgelegt und beschrieben:
- Schadensausmaß und Schadensumfang
- Gefährdungsexposition (Dauer und Notwendigkeit, in der sich Person im Gefährdungsbereich aufhält)
- Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Gefährdungsereignis
- Möglichkeit zur Vermeidung eines Gefährdungsereignis
Die Risikoeinschätzung wird üblicherweise mit einem Risikographen durchgeführt, der die beschriebenen Kriterien abbildet und den Risikowert festlegt.

S: Schadensausmaß
F: Gefährdungsexposition
P: Möglichkeit zur Vermeidung eines Gefährdungsereignis
W: Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Gefährdungsereignis
4. Risikobewertung
Auf Basis des ermittelten Risikowerts wird für jede Gefährdung eine separate Bewertung durchgeführt. Bei dieser Bewertung wird entschieden, ob risikomindernde Maßnahmen notwendig sind, um die analysierte Gefährdung gemäß Stand der Technik auf ein hinreichendes Maß zu reduzieren. Die Risikobewertung leitet den iterativen Prozess der Risikominimierung ein und beendet diesen, sobald ein Risiko hinreichend minimiert wurde.
5. Iterativer Prozess der Risikominderung
Im iterativen Prozess werden Maßnahmen definiert, um die identifizierten Risiken hinreichend zu vermindern. Dabei untergliedern sich die Maßnahmen in drei Stufen, die gemäß nachfolgendem Bild der Reihe nach abgearbeitet werden müssen:
- Inhärent sichere Konstruktion
- Technische und ergänzende Schutzmaßnahme
- Benutzerinformation

Inhärent sichere Konstruktion (ISK)
Risikominimierung durch Auswahl maschinenspezifischer Konstruktionsmerkmale, ohne die Anwendung von trennenden oder nichttrennenden Schutzeinrichtungen. Hierunter zählen beispielsweise:
- Einsehbarkeit der Arbeits- und Gefährdungsbereiche.
- Gefahrfreie Gestaltung und Anordnung der mechanischen Bauteile (z.B.: zum Verhindern von Quetschen).
- Vermeidung scharfer Kanten und Ecken.
- Begrenzung von Betätigungskräften mechanischer Bauteile.
- Begrenzung von Masse und Geschwindigkeit beweglicher Teile.
- Verwenden ungefährlicher Materialien und Substanzen.
Technische und ergänzende Schutzmaßnahmen (TES)
Kann eine Gefährdung konstruktiv nicht hinreichend minimiert werden, sind zusätzliche technische Schutzmaßnahmen umzusetzen. Hierzu zählen unter anderem:
- Trennende Schutzeinrichtungen (z. B.: Zaun, Tunnel, Umhausung, Schutztür).
- Nichttrennende Schutzeinrichtungen (z. B.: Lichtgitter, Türschalter)
- Ergänzende Schutzmaßnahmen (z. B.: Not-Halt, Energietrennung, Energieableitung).
Benutzerinformation (BNI)
In der letzten Stufe des iterativen Verfahrens wird der Nutzer über die verbleibenden Restrisiken und den damit verbundenen organisatorischen Maßnahmen informiert. Hierzu zählt:
- Tragen von persönlicher Schutzausrüstung
- Piktogramme an der Maschine
- Sicherheitshinweise in der Betriebsanleitung
- Schulungen und Unterweisung des zuständigen Personals
Zusammenfassung des iterativen Drei-Stufen-Verfahrens
Für jede identifizierte Gefährdung muss das Drei-Stufen-Verfahren wie folgt angewendet werden:
- Prüfen, ob das Risiko durch eine inhärent sichere Konstruktion hinreichend minimiert werden kann.
- Falls nein, prüfen, ob das Risiko durch technische und ergänzende Schutzmaßnahmen hinreichend minimiert werden kann.
- Falls nein, prüfen, ob die Grenzen der Maschine erneut festgelegt werden können.
- Falls nein, Bereitstellen geeigneter Nutzerinformation zur Warnung vor Restrisiken und organisatorischen Maßnahmen
Alle Ergebnisse des beschriebenen Prozesses müssen nachvollziehbar dokumentiert werden. Die fertige Risikobeurteilung fließt als eines der zentralen Dokumente in die technische Dokumentation der Maschine ein und muss vom Hersteller mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden. Bei der Dokumentation ist es wichtig, dass alle Aspekte der Risikobeurteilung niedergeschrieben werden:
- Festlegen der Grenzen
- Angewandte Rechtsvorschriften und Normen
- Analyse der Gefährdungen
- Bewertung der Gefährdungen
- Definition und Beschreibung der risikomindernden Maßnahmen
Darüber hinaus kann es sein, dass die Risikobeurteilung aktualisiert werden muss, wenn sich beispielsweise bei einem serienmäßig gefertigten Maschinentyp Änderungen ergeben.
Ist Ihre Maschine oder Anlage sicher genug?
Wir unterstützen Sie bei der Planung von risikomindernden Maßnahmen, der Normenrecherche und Anwendung von harmonisierten Normen sowie dem gesamten Prozess der Risikobeurteilung.
Risikobeurteilung nach EN ISO 12100 Vorlage
Unsere Experten haben für Sie eine Vorlage für die Risikobeurteilung gemäß EN ISO 12100 erstellt. Sie können diese Vorlage nutzen, um alle relevanten Aspekte der Risikobeurteilung zu dokumentieren.
Häufige Fehler
- Fehler: Risikobeurteilung erst ganz am Ende durchgeführt
In der Praxis wird die Risikobeurteilung oft erst am Ende des Konstruktionsprozesses durchgeführt. Dies hat zur Folge, dass mögliche Gefahren zu spät identifiziert werden, um ausreichende risikomindernde Maßnahmen umzusetzen. Die Maschine erfüllt damit nicht die Anforderungen der geltenden Rechtsvorschriften. Die Risikobeurteilung sollte daher konstruktionsbegleitend bereits in der Planungsphase begonnen werden.
- Fehler: Alle verlassen sich auf den CE-Koordinator
Je nach Größe des Unternehmens und Komplexität der Maschine ist es oft nicht möglich, den gesamten Prozess der Risikobeurteilung alleinig durch den CE-Koordinator durchführen zu lassen. Dieser kann den Prozess koordinieren, die notwendigen Maßnahmen recherchieren und die Dokumentation erstellen. Er ist jedoch auf die Zuarbeit von verantwortlichen Konstrukteuren und ggf. qualifiziertem Fachpersonal angewiesen.
- Fehler: Warnhinweise statt technischer Lösungen
Im Rahmen der Risikobeurteilung muss das iterative Drei-Stufen-Verfahren angewandt werden. Dabei müssen für die Risikominderung zuerst konstruktive Maßnahmen umgesetzt werden. Nur, wenn nach den konstruktiven Maßnahmen Restgefährdungen übrig bleiben, müssen diese Restgefährdungen in Form von Sicherheitshinweisen und Piktogrammen dem Nutzer mitgeteilt werden. Unzureichende oder fehlende konstruktive Maßnahmen erfüllen nicht die rechtlichen Anforderungen der Maschinensicherheit, auch wenn vor den Risiken in der Nutzerinformation gewarnt wird.
- Fehler: Normen nicht ausreichend berücksichtigt
Für viele Hersteller ist es zu aufwändig, anwendbare Normen zu lesen und die geforderten Anforderungen zu recherchieren und umzusetzen. Dieses Vorgehen birgt jedoch einige Risiken. Die Rechtsvorschriften fordern, dass sicherheitstechnische Maßnahmen mindestens dem Stand der Technik entsprechen müssen. Dieser Stand der Technik ist in den harmonisierten Normen festgehalten. Aus diesem Grund kann ein Hersteller die Konformität zur geltenden Rechtsvorschrift nachweisen, wenn er die anwendbaren harmonisierten Normen vollständig einhält (Konformitätsvermutung). Sollte der Hersteller die anwendbaren Normen nicht einhalten, muss er nachweisen, dass er mit alternativen Maßnahmen, die mindestens das gleiche Sicherheitsniveau besitzen, die Sicherheit der Maschine herstellt. Diese Nachweise sind oft wesentlich aufwändiger, als die entsprechend Norm einzuhalten. Somit besteht das Risiko, dass die umgesetzten Maßnahmen nicht dem Stand der Technik entsprechen oder die alternativ umgesetzten Maßnahmen nicht ausreichend dokumentiert wurden.
Ausblick und neue Anforderungen
Neue EU-Maschinenverordnung 2023/1230:
Ab dem 20.01.2027 ist die neue Maschinenverordnung anwendbar. Welche konkreten Änderungen bzw. Neuerungen diese Rechtsvorschrift mit sich bringt, haben wir im Artikel zur neuen Maschinenverordnung 2023/1230 detailliert beschrieben. Die grundlegende Pflicht zur Durchführung und Dokumentation der Risikobeurteilung bleibt unberührt. Als zusätzliches Kriterium ist die IT- und Cyber-Security in die Betrachtung mit aufgenommen wurden.
Cybersicherheit und „Protection against corruption“
Im Rahmen der neuen Maschinenverordnung und des Cyber-Resiliance Acts kommen konkretere Anforderungen auf Maschinenhersteller in Bezug auf Cyber-Sicherheit zu. Die Gefährdungen die sich aus diesem Themengebiet ergeben sind unter anderem:
- Externe Bedrohungen: Hackerangriffe, Malware, Phishing, Ransomware
- Interne Bedrohungen: Manipulation durch autorisierte Benutzer, unsichere Schnittstellen
- Technische Schwachstellen: Unsichere Software, unverschlüsselte Kommunikation
Bei der Identifizierung der Gefährdungen müssen diese Bedrohungen berücksichtigt und bewertet werden. Im Rahmen der Risikominderung müssen anschließend Maßnahmen definiert und umgesetzt werden, die diese Gefährdungen minimieren. Die Norm, die sich (zum aktuellen Zeitpunkt) mit diesen Maßnahmen beschäftigt ist die IEC 62443. Sie beschreibt die IT-Sicherheit für industrielle Automatisierungs- und Steuerungssysteme. Zu ergreifende Maßnahmen, die sich aus diesen Vorschriften ergeben sind unter anderem:
- Sichere Architektur & Protokolle
- Authentifizierung & Zugriffskontrolle
- Software-Sicherheit & Update-Management
- Protokollierung & Anomalieerkennung
- Schulungen & Sensibilisierung
Genau wie andere Aspekte der Maschinensicherheit müssen die identifizierten Gefährdungen sowie die ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf die Cybersicherheit in der Risikobeurteilung dokumentiert werden.
Künstliche Intelligenz (KI) in Maschinen:
KI im Maschinenbau kann bedeuten, dass Maschinenverhalten nicht mehr zu 100 % vorhersehbar ist. Für die Risikobeurteilung stellt sich somit die Frage, wie man Risiken beurteilt, wenn die Maschine im Betrieb selbstständig ihr Verhalten anpassen kann. Die Normung arbeitet bereits an diesem Thema: Die anstehende Überarbeitung der ISO 12100, behandelt die Auswirkungen von KI-Systemen und lernenden Funktionen auf die Sicherheit einer Maschine. Hier geht es z. B. darum, Grenzen des Lernverhaltens festzulegen und zusätzliche Schutzmechanismen einzubauen, falls KI-Funktionen versagen.
Handlungsempfehlungen und Tipps für die Praxis
- Frühzeitig starten
Beginnen Sie die Risikobeurteilung bereits in der Konstruktionsphase der Maschine. Je früher Gefährdungen erkannt werden, desto einfacher und kostengünstiger lassen sie sich eliminieren. Darüber hinaus können Aspekte wie der konforme Einkauf von Zukaufkomponenten rechtzeitig berücksichtigt werden. Spätere Änderungen sind teuer und verursachen Verzögerungen beispielsweise auch durch Wartezeiten bei externen Prüflaboren.
- Interdisziplinär arbeiten
Binden Sie alle relevanten Abteilungen ein – Mechanik, Elektrik, Programmierung, aber auch Produktion, Instandhaltung und Einkauf. Dies hilft dabei, alle Lebensphasen zu berücksichtigen, um Gefährdungen vollständig zu erfassen. Legen Sie klare Verantwortlichkeiten fest und fördern Sie die Zusammenarbeit zum Beispiel durch regelmäßige Safety-Meetings.
- Normen und Stand der Technik nutzen
Orientieren Sie sich an harmonisierten Normen und Branchenstandards, um den Stand der Technik umzusetzen. Diese Standards schreiben notwendige Maßnahmen vor und vereinfachen die Nachweisführung. Nutzen Sie auch Publikationen der Berufsgenossenschaften oder anderer Institutionen für spezifische Probleme.
- Dreistufenprinzip beherzigen
Befolgen Sie das oben beschriebene iterative Drei-Stufen-Verfahren. Nutzen Sie inhärent sichere Konstruktion so weit wie möglich, bevor Sie ergänzende Schutzeinrichtungen einsetzen. Benutzerhinweise dürfen nur zur Risikominderung verwendet werden, wenn konstruktive und ergänzende Schutzmaßnahmen vollständig betrachtet und umgesetzt wurden.
- Sorgfältig dokumentieren
Die Risikobeurteilung stellt für Sie die Lebensversicherung im Rahmen der Maschinensicherheit dar. Sollte es zu einem Arbeitsunfall oder einer behördlichen Kontrolle kommen, kann Sie dieses Dokument vor Bußgeldern und weiteren Strafen schützen. Dokumentieren Sie daher nachvollziehbar und vollständig. Halten Sie die Vorgaben der anwendbaren Richtlinien und Normen ein.
- Mitarbeiter schulen
Lassen Sie die Risikobeurteilung von Fachpersonal erstellen. Wenden Sie sich an externe Dienstleister oder schulen Sie Ihre Mitarbeiter in den Anforderungen der EN ISO 12100 und weiteren relevanten Vorschriften.
- Externen Rat einholen
Scheuen Sie sich nicht, externe Fachleute hinzuzuziehen. Die Firma HighDoc steht Ihnen als Partner zur Seite, um Sie von der Risikoanalyse bis zur fertigen Dokumentation zu unterstützen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Eine Risikobeurteilung ist immer dann erforderlich, wenn ein Produkt unter die Maschinenrichtlinie oder Maschinenverordnung fällt. Dies gilt für neue Maschinen, selbst entwickelte Anlagen oder bei wesentlichen Umbauten bestehender Maschinen. Auch beim Import von Maschinen aus Drittländern muss eine Risikobeurteilung vorliegen. Ohne sie ist eine CE-Kennzeichnung nicht zulässig. Die Risikobeurteilung stellt sicher, dass alle Gefahren systematisch erkannt und behoben wurden.
Die Risikobeurteilung ist ein Kernstück des CE-Konformitätsbewertungsverfahrens. Bei diesem Verfahren wird nachweislich geprüft, ob ein Produkt mit den Anforderungen der geltenden Rechtsvorschriften übereinstimmt. Da diese Rechtsvorschriften zum Ziel haben ein einheitliches Sicherheitsniveau für Produkte auf dem Markt zu schaffen, spielt die Risikobeurteilung eine bedeutende Rolle. Neben der Erstellung der Risikobeurteilung spielen auch weitere Themen eine Rolle (Produktkennzeichnung, Konstruktions- und Zulieferunterlagen, Betriebsanleitung usw.), die wir in unserem Artikel Technische Dokumentation genau beschreiben.
Die Risikobeurteilung wird vom Hersteller eines Produkts vor dem ersten Inverkehrbringen erstellt. Diese dokumentiert den Prozess der Gefahrenanalyse und Risikominderung, um das Produkt gemäß aktuellem Stand der Technik sicher zu konstruieren.
Die Gefährdungsbeurteilung wird vom Betreiber / Arbeitgeber erstellt. Hier werden die arbeitsplatzbezogenen Gefährdungen analysiert und entsprechende Maßnahmen bezüglich des Arbeitsschutzes definiert. Hier mehr erfahren!
Wenn Sie die Risikobeurteilung von externem Fachpersonal erstellen lassen möchten, fallen in der Regel weniger Kosten an, als internes Personal schulen zulassen und die Arbeitszeit für Schulung und Erstellung der Risikobeurteilung zu bezahlen. Die genauen Kosten hängen stark von der Komplexität des Produkts, den bereitgestellten mitgeltenden Unterlagen (Zulieferdokumentation, Prüfberichte, Zeichnungen etc.) und dem Beratungsaufwand ab. Holen Sie sich ein individuelles, unverbindliches Angebot von den Experten bei HighDoc ein.
Die CE-Richtlinien und Verordnungen schreiben es nicht vor, dass ein Hersteller die Risikobeurteilung an Kunden oder sonstige Dritte aushändigen muss. Vorrangig existieren drei Szenarien, bei denen die Risikobeurteilung ausgehändigt werden muss:
- An Behörden bei begründetem Verdacht (fehlendes Typenschild, fehlende Betriebsanleitung, offensichtliche Sicherheitsbedenken)
- An die Staatsanwaltschaft nach einem Arbeitsunfall
- An den Kunden, wenn dies vertraglich vereinbart wurde
Wird eine Maschine ohne Risikobeurteilung in Verkehr gebracht, verstößt der Hersteller gegen geltendes EU-Recht. Die Anbringung der CE-Kennzeichnung ist damit unrechtmäßig. Dies kann zu Verkaufsverboten, Rückrufaktionen, empfindlichen Geldbußen bis hin zur Strafanzeige führen. Vor allem, wenn ein Arbeitsunfall geschieht, ist bei unzureichender Risikobeurteilung mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.
Die Risikobeurteilung muss bereits während der Entwicklungsphase der Maschine erstellt werden. Sie bildet die Grundlage für das gesamte Sicherheitskonzept. Nur so lassen sich Risiken frühzeitig erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen umsetzen. Eine nachträgliche Risikobeurteilung führt oft zu kostenintensiven Umplanungen. Daher ist die Risikobeurteilung integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses.
Die Risikobeurteilung ist ein zentraler Bestandteil der Technischen Dokumentation. Sie dokumentiert systematisch alle erkannten Gefahren und die umgesetzten Schutzmaßnahmen. Ohne sie ist die Technische Dokumentation unvollständig und nicht normkonform. Zudem liefert sie wichtige Informationen für Bedienungsanleitung und Instandhaltung. Die Risikobeurteilung ist somit untrennbar mit der Technischen Dokumentation verbunden.
Die Risikobeurteilung muss in einer Sprache verfasst sein, die die zuständigen Marktaufsichtsbehörden verstehen. In Deutschland ist dies in der Regel Deutsch. Bei Exporten muss sie gegebenenfalls in weitere Amtssprachen übersetzt werden. Wichtig ist, dass der Maschine alle sicherheitsrelevanten Informationen klar und nachvollziehbar in der jeweiligen Amtssprache beiliegen.
Die neue Maschinenverordnung ersetzt die Maschinenrichtlinie ab Januar 2027. Sie bringt klarere Anforderungen an digitale Dokumentation und Cybersecurity mit sich. Auch die Risikobeurteilung muss zukünftig digitale Risiken berücksichtigen. Hersteller müssen zudem mit stärkeren Kontrollen rechnen. Die Risikobeurteilung wird dadurch noch zentraler im CE-Prozess.
Bei jeder wesentlichen Änderung an der Maschine ist eine neue oder angepasste Risikobeurteilung erforderlich. Das gilt insbesondere bei sicherheitsrelevanten Modifikationen. Auch Software-Änderungen können eine neue Bewertung notwendig machen. Ziel ist es, das Sicherheitsniveau stets aktuell zu halten. Kleinere, nicht sicherheitsrelevante Änderungen können dokumentiert werden, ohne die gesamte Beurteilung neu aufzusetzen.
Bei einer wesentlichen Veränderung an einer Maschine muss neben der Risikobeurteilung die gesamte CE-Konformitätsbewertung neu durchgeführt werden.
Ein Restrisiko bleibt trotz angemessener Schutzmaßnahmen bestehen und muss akzeptabel sein. Es wird in der Risikobeurteilung beschrieben und durch Warnhinweise oder Betriebsanweisungen abgesichert. Nicht akzeptable Risiken müssen durch konstruktive, technische oder organisatorische Maßnahmen reduziert werden. Die Grenze liegt bei der Zumutbarkeit für den Bediener und der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Maßgeblich ist hier der aktuelle Stand der Technik, der in harmonisierten Normen und technischen Standards definiert ist.
Die Risikobeurteilung muss systematisch und nachvollziehbar aufgebaut sein. Die Umsetzung der ergriffenen Maßnahmen und angewandten Normen muss ausreichend dokumentiert sein. Hierfür kann es notwendig sein Checklisten oder Prüfberichte zu erstellen. Auch die Zuliefererdokumentation der sicherheitsrelevanten Komponenten ist ein integraler Bestandteil, um nachvollziehen zu können, dass alle Komponenten bestimmungsgemäß und nach Herstellervorgaben eingebaut und betrieben werden.
Eine Risikobeurteilung kann theoretisch nachträglich erstellt werden, sollte aber die reale Entwicklung und Nutzung der Maschine korrekt abbilden. In der Praxis ist das jedoch mit Risiken verbunden, da Schutzmaßnahmen nicht mehr sinnvoll eingebaut werden können. Zudem kann die Glaubwürdigkeit bei Prüfungen leiden. Es ist immer besser, die Risikobeurteilung parallel zur Entwicklung durchzuführen. Nachträgliche Beurteilungen sind meist nur als Korrektur zulässig.
Fehlt die Risikobeurteilung bei einer Kontrolle, drohen Vertriebsverbote und behördliche Maßnahmen. Die Maschine kann vom Markt genommen oder mit einem Betriebs- oder Verkaufsstopp belegt werden. Auch hohe Geldbußen sind möglich. Die Verantwortung liegt beim Hersteller oder Inverkehrbringer. Eine lückenlose Risikobeurteilung ist daher Pflicht für jeden CE-konformen Marktzugang.
Unsere Experten unterstützen Sie bei der normgerechten Umsetzung Ihrer Risikobeurteilung
– damit Sie sich auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren können.
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Autor

Daniel Keil
CEO HighDoc Technische Dokumentation GmbH
- veröffentlicht am